Von seinem Schulzimmer im Hardmattschulhaus aus sieht Jaap Eleganti den Kühlturm des Atomkraftwerks. «Klimawandel und Energiewende sind Themen, die man im Unterricht objektiv angehen muss», meint der 24-jährige Primarlehrer und betont: «Man darf den Schülerinnen und Schülern keine politische Haltung aufdrängen. Die Schule soll die Kinder ethisch, demokratisch und diskursiv bilden, damit diese sich ihre eigene Meinung bilden können und fähig sind, diese argumentativ zu erläutern, andere Ansichten dabei zu akzeptieren, zu reflektieren.»
Im Nebenberuf Tätowierer
Angesprochen auf seine vielen Tattoos, erwidert Jaap Eleganti, der in seinem zweiten Jahr in Obergösgen unterrichtet: «Die Kinder sind ‹gwundrig› und haben keine Vorurteile deswegen – geschweige denn Angst.» Seine Hand zieren ein fliegender Vogel mit dem Schriftzug «Liberté», eine kleine Palme und die Zahl 222, auf dem Arm findet man unter anderem ein Krake und auf den Beinen Dagobert Duck sowie den Pink Panther. «Letztere beide stach ich mir selbst» – der Klassenlehrer arbeitet nämlich nebenberuflich als Tätowierer. «Viele Schüler finden das cool, möchten selbst jedoch kein Tattoo.» Eltern hingegen stutzten bisweilen im ersten Moment. «Die Welt ist heterogen», sagt dazu Eleganti, der zudem Nasenringe und Schmuck um den Hals trägt: «Warum also sollte es die Schule nicht auch sein?»
Privatdetektiv, Securitaswächter oder Primarlehrer?
Nach der Kantonsschule in Olten fiel es ihm schwer, sich für ein Studium zu entscheiden. Viel Theorie widerstrebte ihm, er konnte sich auch nie vorstellen, einen ganzen Tag am Bildschirm zu verbringen. «Die Berufsberatung empfahl mir, entweder Privatdetektiv, Securitaswächter oder Primarlehrer zu werden.» Die Abwechslung, die der Lehrerberuf mit sich bringt, motivierte Eleganti schliesslich zum Besuch der PH in Luzern, wobei er sich dort mit der umfangreichen Theorie dennoch schwertat: «In der Praxis erwies sie sich allzu häufig als nicht umsetzbar! Doch gerade die Praktika waren es, die mich faszinierten und erfüllten – dank ihnen hielt ich mein Studium durch!»
Freiheit und Abwechslung
Nebenbei arbeitete er damals nicht nur als Lehrer, sondern auch im Forstwesen und im Gartenbau: «Trotz der Abwechslung in der Lehrtätigkeit suchte ich noch einen Ausgleich!» Und bis heute sei ihm ein solcher wichtig: Neben seinem 60-Prozent-Pensum als Lehrer und dem Tätowieren arbeitet er deshalb im Oltner Restaurations- und Eventlokal «Schlosserei» als Barchef und hilft bei der Gestaltung des Angebots mit. Zudem macht er in der Freizeit Musik: «Ein Hobby, das ich seit Langem pflege. Früher waren es eher Rap und Hip-Hop, heute ist es elektronische Musik, die ich kreiere.» Und was sonst noch alles, Herr Eleganti? «Krafttraining und Jogging zum Beispiel – sowie regelmässige Wanderungen mit meinem Hund Chapo!»
Dank guter Teamarbeit viel Freude am Beruf
In Elegantis 5. Klasse befinden sich zurzeit 22 Schülerinnen und Schüler, er führt sie zusammen mit seiner Stellenpartnerin Samira Zingaro. Glücklicherweise hätten sie keine Schüler und Schülerinnen, die grössere Sorgen bereiten, sagt der Klassenlehrer. Auch sei er froh, dass der Lehrplan 21 die Kompetenzen mehr als das Wissen gewichte. «Obschon auch er von den Kindern zu viel verlangt! Ich nehme mir deshalb mitunter heraus, statt immer alles durchboxen zu wollen, das eine oder andere gezielt zu vertiefen. Denn die Schule darf nicht überfordern – sonst löst sie nur Blockaden aus!» Lehrpersonen müssten stattdessen das Selbstvertrauen der Schülerinnen und Schüler stärken, auch ihre Selbstregulation und ihr Methodenwissen.
Die Heterogenität in Jaap Elegantis und Samira Zingaros Klasse ist gross: Rund zwei Drittel der Kinder haben nicht Deutsch als Muttersprache. Vor allem schriftliche Arbeiten würden dadurch für manche Schülerinnen und Schüler eine Herausforderung. Das Gegenteil treffe aber genauso zu: So stammten aktuell die besten Aufsätze von einem Kind, dessen Muttersprache nicht Deutsch ist.
«Nur wenn dir die Kinder am Herzen liegen, solltest du Lehrer sein!», betont er – ihm persönlich gefalle sein Beruf sehr, nicht zuletzt dank der guten Teamarbeit mit seiner Stellenpartnerin und den anderen Lehrpersonen, dank seiner Mentorin und der Schulleitung.
Dieser Artikel ist im Schulblatt 03-2024 erschienen und darf mit freundlicher Genehmigung hier veröffentlicht werden.